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Das Spannungsfeld zwischen Tradition und Innovation in Familienunternehmen

Greg rakozy 38802

Seit diesem Jahr beschäftigen wir uns noch intensiver mit den Herausforderungen von Innovation und (digitaler) Transformation im Kontext von Mittelstands- und Familienunternehmen.

Dazu haben wir in den vergangenen Wochen bereits eine sehr spannende Talk-Reihe auf Clubhouse durchgeführt, wobei es vor allem um das Spannungsfeld zwischen Tradition und Innovation aus Sicht der NextGen ging. Die zentralen Erkenntnisse aus diesen spannenden Diskussionen haben wir für Sie hier nochmals aufbereitet.

Um diese wichtigen Aspekte (u.a. Innovations-Kooperationen und -Ökosysteme) noch intensiver zu beleuchten, führen wir eine Reihe von Experten-Interviews mit Vertretern der NextGen durch.

In unserem zweiten Interview haben wir mit Patrick Bohrer gesprochen. Patrick stammt aus einer etablierten Unternehmerfamilie aus dem Allgäu, aber hat sich bewusst für die Gründung eines eigenen Unternehmens entschieden. Nichtsdestotrotz profitieren sowohl das Start-up als auch das Familienunternehmen von den jeweils unterschiedlichen Perspektiven und Erfahrungen.

Paddy bild portrat

Internationale Ausbildung:

  • Schule - Munich International School

  • Bachelor - Brandeis University & Boston University

  • Master - Munich Business School & Harvard Business School

Eigene unternehmerische Erfahrungen:

  • 2013: Gründung der ersten Start-ups "Berlin Calling" und "Verboten" in New York

  • Seit 2015: Gründung des zweiten Start-ups "FLSK" in München

  • FLSK entwickelt und produziert Trinkflaschen und Behälter aus Edelstahl

  • FLSK beschäftigt 25 Mitarbeiter in Deutschland und 5 Mitarbeiter in China

Familienunternehmerische Erfahrungen:

  • Novoplast Verpackungen GmbH & Co. KG (1925 gegründet)

  • Novoplast entwickelt und produziert Verpackungen aus Kunststoff u.A. für die Lebensmittelbranche (Butter, Joghurts, Sahne etc.)

  • Das Familienunternehmen beschäftigt ca. 100 Mitarbeiter am Standort Leutkirch im Allgäu

  • Zusätzlich ist die Familie durch das eigene Family Office als institutionelle Investoren in den Bereichen Real Estate und Vermögensverwaltung tätig

Das Spannungsfeld zwischen Tradition und Innovation

Was bedeutet für dich Tradition und Innovation?

Meiner Meinung nach kann man sagen, dass Innovation immer mehr einer „Aktion“, also einem aktiven Handeln darstellt, wohingegen Tradition für mich tendenziell „reaktives Verhalten“ oder das Fortführen eines bestehenden, funktionierenden Prozesses steht.

Tradition ist etwas beständiges, wie zum Beispiel ein etabliertes Geschäftsmodell, wo es darum geht das „Alte“ zu erhalten, bzw. nur inkrementell weiterzuentwickeln. Bei traditioneller Innovation liegt der Fokus meines Erachtens eher auf Effizienzsteigerung (dadurch auch Kostenreduzierung). Unser Familienunternehmen, die Novoplast Verpackungen GmbH & Co. KG, zum Beispiel, steht für Tradition und Innovation und legt großen Wert auf kontinuierliche technologische Innovation, um bestehende Prozesse und Produkte immer weiter zu optimieren und zu entwickeln. Als Familienunternehmen pflegen wir bei Novoplast eine Unternehmenskultur der Perfektion (höchste Produktions-, Prozess- und Qualitätsstandards). Dieser Anspruch und diese Messlatte führt intrinsisch zu einer Kultur die natürlich weniger empfänglich für radikale Innovation / etwas „krassere“ Experimente ist.

Innovation stellt Tradition in Frage und im Mittelpunkt steht das Schaffen etwas „Neuen“. FLSK Products GmbH steht zum Beispiel für eine sehr ausgeglichene Balance aus Tradition und Innovation. Wir hinterfragen immer grundsätzlich alles und nutzen dadurch z.B. neue Materialien, arbeiten in neuen, stark digitalisierten, Geschäftsmodellen und Bereichen. Auch Technologien wie der 3D Druck wird bei FLSK stark eingesetzt um immer wieder Konzeptstudien / Muster auf Funktionalitäten und weiteres zu testen. Natürlich können wir das bei FLSK, als kleines Start-up, viel leichter abbilden und umsetzen als bei der Fa. Novoplast. Wir sind durch unsere Unternehmensgröße und Kultur agiler und flexibler und können deutlich leichter neue Sachen ausprobieren, Geschäftsmodelle experimentieren und auch Fehler machen können.

Was verstehst Du unter dem Begriff der Organisationalen Ambidextrie (OA)?

OA ist für mich die Fähigkeit Tradition und Innovation gleichermaßen zu nutzen, um sich als etabliertes Unternehmen zu verändern und weiterzuentwickeln. Deshalb ist OA eine Frage der Unternehmenskultur und die kann man nur aktiv vor Ort mit den Mitarbeitern zusammen verändern. Es geht hier hauptsächlich um Kommunikation und zwischenmenschliches Verständnis.

Da meine Familie / ich weder operativ in der Novoplast tätig oder vor Ort sind, ist es meines Erachtens unmöglich aus der Distanz zu versuchen die Unternehmenskultur zu steuern oder zu ändern.

Nicht nur aus diesem Grund, aber auch weil die Novoplast ein immer-noch produzierendes Deutsches Mittelständisches Unternehmen ist, ist es stark auf Exploitation fokussiert, sprich auf kontinuierliche Prozess- und Produktinnovationen. Man muss auch dazu sagen, dass die Firma als Dienstleister bzw. Zulieferer großer Lebensmittelkonzerne leider nie die große innovationstreibende Kraft, maximal impulsgebende Instanz sein kann / darf. Denn diese großen Kunden entscheiden und geben neue Trends, z.B. auf Materialebene, vor und, wie viele andere mittelständische Unternehmen auch, muss die Fa. Novoplast dann entsprechend „mitziehen“ / darauf reagieren.

Bei FLSK lässt sich dies aber sehr gut veranschaulichen, weil sich OA hier vor allem in unserem Management widerspiegelt. Quentin steht als sehr strukturierter Analytiker für Exploitation, also kontinuierliche Innovation unserer Prozesse und Produkte. Ich stehe etwas mehr, als risikoaffiner Entwicklungsleiter, für Exploration, also für radikalere Innovationen, wie zum Beispiel neue Materialien oder digitale Technologien und / oder Geschäftsmodelle. Neue Ideen können bei uns grundsätzlich sehr schnell weiterentwickelt und umgesetzt werden. Bei Fehlschlägen lernt man schnell und kann neue Projekte in solchen Fällen auch schnell wieder einstellen und in andere Richtungen gehen.

Nachfolge

Wie läuft die Nachfolge bei Euch in der Familie ab?

Ich habe mich bewusst erstmal gegen die Nachfolge, sowohl im Familienunternehmen, aber auch im Family Office entschieden, weil ich dort niemals so selbstbestimmt und unternehmerisch handeln könnte wie jetzt in meinem eigenen Unternehmen. Volle Unabhängigkeit bedeutet volles Risiko, was ich liebe. Bei FLSK sind wir zwar selbstfinanziert, was heißt, dass wir uns keine gravierenden Fehler leisten können, gleichzeitig haben wir völlige Flexibilität in unserem Agieren und Handeln. Natürlich verdiene ich am Ende des Tages weniger als im Familienunternehmen oder im Family Office, schaffe aber eine ganz andere Art an Mehrwert für mich, für meine Mitarbeiter und mein Umfeld. Die Identifikation und der Bezug zum eigenen Unternehmen ist unfassbar stark und motiviert sehr, sodass auch in schlechten Zeiten keinerlei Zweifel entstehen. Ich würde es nie anders machen.

Wenn Sie dazu mit uns sprechen möchten, wenden Sie sich gerne an unseren Experten Leopold.