UnternehmerTUM Business Creators - Der strategische Innovationspartner für den Mittelstand
In diesem Interview spricht unser Experte für Familienunternehmen, Dr. Leopold von Schlenk-Barnsdorf, mit dem Gründer und CEO von UnternehmerTUM, Prof. Dr. Helmut Schönenberger über dessen spannenden Werdegang sowie die Entstehungsgeschichte der UnternehmerTUM – dem führenden Innovations- und Gründungszentrum in Europa.
Der Fokus des Gesprächs liegt vor allem auf der zentralen Zielgruppe von UnternehmerTUM Business Creators, den etablierten Unternehmen und auf den vielfältigen Aktivitäten als strategischer Sparrings- und Innovationspartner für Mittelstands- und Familienunternehmen.
Leopold: Heute möchten wir gerne über dich sprechen, über die Gründung und Entwicklung von UnternehmerTUM, insbesondere mit Fokus auf die Zusammenarbeit mit etablierten Unternehmen und darüber, was aus deiner Sicht die Ziele für den Auf- und Ausbau der Initiative „FamilienUnternehmerTUM“ sind. Könntest du uns zunächst einen kurzen Überblick über deinen spannenden Werdegang geben?
Helmut: Ich bin Luft- und Raumfahrttechniker und habe anschließend ein Management Aufbaustudium angehängt. Als Ergebnis meiner Abschlussarbeit zum Thema Unternehmertum entstand die Idee ein Entrepreneurship Center an der TU München aufzubauen. Das hat Frau Klatten und TUM-Präsident Wolfgang Hermann so gut gefallen, dass ich es nicht nur vorschlagen konnte, sondern auch realisieren durfte.
Leopold: Was verstehst du persönlich unter dem Begriff Unternehmertum und wie wird Unternehmertum im Rahmen von UnternehmerTUM gelebt?
Helmut: Für mich ist Unternehmertum der Prozess, Werte zu schaffen und Innovationen hervorzubringen. Und dafür braucht es Menschen, die in der Lage sind, all das zu durchdenken und umzusetzen. UnternehmerTUM bietet ein herausragendes Umfeld, in dem Menschen diesen unternehmerischen Weg gehen und als „Intrapreneure“, also als Unternehmer im Unternehmen oder als Gründerinnen und Gründer neue Geschäfte erfolgreich am Markt etablieren können.
Leopold: Bei der Innovationsarbeit innerhalb von UnternehmerTUM geht es vor allem um neue, innovative und zunehmend auch digitale Geschäftsmodelle. Wie entwickelt man aus deiner Sicht am besten solche innovativen Geschäftsmodelle? Und wie hat sich dieses Feld rund um Geschäftsmodellinnovation auch in den letzten Jahren bei UnternehmerTUM weiterentwickelt?
Helmut: Zuallererst geht es darum, die richtigen Menschen zusammenzubringen. Um gute Geschäftsmodelle zu entwickeln und umzusetzen, braucht es ein interdisziplinäres Team. Es ist ein Teamsport und fängt damit an, dass die richtigen Leute zusammenkommen. Am Anfang der gemeinsamen Reise gibt es oft zwei gute Ansatzpunkte für neue Geschäftsmodelle. Das eine ist das Erkennen von möglichst großen und disruptiven Marktchancen, so wie beispielsweise damals das Flixbus-Team vor einigen Jahren die Chance aus der Regulatorik-Änderung im Fernbusbereich klar erkannt hat. Oder ein Team hat ein gutes Verständnis von neuen technologischen Möglichkeiten und deren Anwendung. Wenn so eine Chance als Kristallisationspunkt für neues Geschäft erkannt wird, lassen sich auch clevere neue Geschäftsmodelle umsetzen.
Leopold: Wie kam es konkret zur Gründung von UnternehmerTUM am Standort München?
Helmut: Das fing für mich Ende der 90er Jahre an. Es war damals eine sehr spannende Zeit, in der es über die vielen sichtbaren Börsengänge mit dem „Neuen Markt“ eine Aufbruchstimmung in Deutschland gab, neue Firmen zu gründen. Wir als Studierende an der TU München hatten den Drive, den Willen und das Bedürfnis, dass sich auch die Universität in diesem Umfeld wandelt und zu einem Treiber für Innovation und Gründung wird. Daraus ergab sich das Thema meiner Abschlussarbeit: Wie können Universitäten zu Motoren für Gründerregionen werden? Dabei habe ich die Stanford University im Silicon Valley mit der TU München hier im Münchner Umfeld verglichen. Das Ergebnis meiner Diplomarbeit war der Vorschlag, ähnlich wie in Stanford, ein Gründungszentrum aufzubauen, das damals insgesamt fünf Personen umfasste. Wir haben in 2002 dann mit dem Rückhalt unserer Aufsichtsratsvorsitzenden Susanne Klatten UnternehmerTUM als gemeinnützige GmbH gegründet. Heute sind wir gut 300 Kolleginnen und Kollegen im UnternehmerTUM-Team.
Leopold: Das ist eine äußerst spannende Entwicklung. Wie hat man sich heute, nach 20 Jahren, die Aktivitäten von UnternehmerTUM vorzustellen?
Helmut: UnternehmerTUM begleitet Innovatorinnen und Innovatoren und Gründerinnen und Gründer von der aller ersten Idee bis zum erfolgreich skalierten Geschäft. Bis zum Erfolg dauert es oft sehr lange, ein erfolgreiches Geschäft aufzubauen, braucht gerne vier bis sieben Jahre. Und wir als UnternehmerTUM begleiten diese Menschen auf ihrem Weg, egal ob sie das im Kontext eines etablierten Unternehmens als Intrapreneure (Intrapreneurship) vorhaben oder als Entrepreneure mit ihrem eigenen Unternehmen (Entrepreneurship). Hierzu bieten wir einiges an, von eigenen Lehrveranstaltungen, über Inkubations- und Accelerator-Programmen, bis hin zu UnternehmerTUM Business Creators, unserem Beratungszweig, der als strategischer Innovationspartner etablierte Unternehmen, insbesondere mittelständische Familienunternehmen, begleitet.
Leopold: Du hast bereits kurz Flixbus angesprochen. Was waren außerdem die größten Erfolgsgeschichten von UnternehmerTUM?
Helmut: Die größten und sichtbarsten Erfolgsgeschichten, sind die skalierbaren Tech-Unternehmen, die aus unserem Umfeld kommen. Neben Flixbus ist auch Celonis sehr bekannt. Das ist eine Firma im Bereich Data Mining, die mittlerweile mit über zehn Milliarden Dollar bewertet wird. Ein anderes Beispiel ist Personio, auch ein neues Münchner Unicorn, das im Human Resource Software Bereich aktiv ist, aber auch Aerospace Firmen wie Isar Aerospace oder Lilium Aviation.
Leopold: Nun haben wir viel über die bekannten Start-up Geschichten aus dem Umfeld von UnternehmerTUM gesprochen. Du hattest eben auch schon die Mittelstandsunternehmen erwähnt, die UnternehmerTUM auch bei Innovationsprojekten begleitet. Welchen zentralen Mehrwert bietet UnternehmerTUM etablierten Unternehmen als führendes Innovations- und Gründungszentrum in Europa?
Helmut: Die Mittelständler sind wichtige Partner in unserem Innovations-Ökosystem. Als Innovationspartner, Investoren, Lieferanten, Kunden oder als Sparringspartner tragen sie wesentlich dazu bei, unsere Start-ups mit nach vorne zu bringen. Gleichzeitig unterstützen wir unserem Team, aber auch mit unseren Start-ups, Mittelständler dabei noch innovativer, schneller und umsetzungsstärker zu werden und ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit auszubauen.
Leopold: Wie bereits erwähnt hat UnternehmerTUM eine spannendes Anfangsgeschichte mit einer 5-Mann-Gruppe. Nach zwanzig Jahren hat sich UnternehmerTUM selbst zu einem sehr etablierten und großen Unternehmen entwickelt. Wie schafft man es dann innerhalb von UnternehmerTUM selbst noch weiter innovativ zu sein und weiterhin so stark zu wachsen?
Helmut: UnternehmerTUM wird getrieben von ihren Teammitgliedern. Wir haben ein extrem starkes und sehr interdisziplinäres Team an Menschen, die aus sehr unterschiedlichen Bereichen kommen. Das ist der Grund, weshalb wir uns so schnell weiterentwickeln konnten. Gleichzeitig bieten wir den notwendigen Freiraum, um selbst neue Produkte, neue Dienstleistungen und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Das führt dazu, dass bei UnternehmerTUM auch ständig neue Initiativen oder neue Geschäftsbereiche aufgebaut werden, wie zum Beispiel unser eigener Venture Capital Fonds, Unternehmertum Venture Capital UVC oder appliedAI, die inzwischen größte Initiative für angewandte Künstliche Intelligenz in Deutschland. Aber auch wir machen Fehler und scheitern mal. Bis jetzt haben wir diese Herausforderungen Dank dem Rückhalt unseres Teams und unseres Aufsichtsrats jedoch immer gut gemeistert.
Leopold: UnternehmerTUM arbeitet schon lange sehr intensiv mit Familienunternehmen als wichtige Zielgruppe zusammen. Wie kommt es, dass der Fokus auf Familienunternehmen noch einmal so stark forciert wird?
Helmut: Familienunternehmen sind die zentrale Basis der deutschen Wirtschaft. Sie sind Treiber für Innovation, Wohlstand und Arbeitsplätze. Wir wollen einen Beitrag dazu leisten, dass der Mittelstand und seine Familienunternehmen auch weiterhin erfolgreich ist und die nächste Generation, sei es in den bestehenden Unternehmen oder im Aufbau von neuen Familienunternehmen, optimal unterstützt wird. Diesen Prozess wollen wir sehr strukturiert begleiten. Hier ist UnternehmerTUM Business Creators unsere zentrale Anlaufstelle.
Leopold: Was macht UnternehmerTUM denn gerade für Familienunternehmen zu einem einzigartigen Sparrings-Partner - insbesondere für Innovations- und Transformationsthemen?
Helmut: Zum einen verstehen wir selbst, wie ein Mittelständler tickt - unser Team bei UnternehmerTUM Business Creators besteht selbst aus vielen Kolleginnen und Kollegen, die aus diesem Bereich kommen. Gleichzeitig verstehen wir, wie neue Unternehmen aufgebaut, skaliert und zu Marktführern entwickelt werden. Zudem haben wir über die Anbindung an die TU München einen sehr engen Draht zur nächsten Generation an Talenten und Zugang zu wissenschaftlichen Erkenntnissen und neuen Technologien. Wenn wir zusammen diese drei Kompetenzstränge zusammenbringen, kann etwas großartiges Neues entstehen.
Leopold: Einer dieser Kompetenzstränge sind vor allem auch die technologiegetriebenen Start-ups im Umfeld von UnternehmerTUM. Wie schafft es UnternehmerTUM die Zielgruppe Start-ups mit denen der Familienunternehmen zu vernetzen und darüber hinaus auch in der Zusammenarbeit erfolgreich zu begleiten?
Helmut: UnternehmerTUM Business Creators ist hier als Schnittstelle zwischen Mittelständlern und Start-ups besonders wichtig, indem hier beide Seiten in Innovationsprojekten zusammengeführt werden. Darüber hinaus haben wir auch Programme und Abteilungen wie TechFounders, in denen gezielt mit Mittelständlern nach Start-ups gesucht wird, die die Innovationsstrategie der etablierten Unternehmen unterstützen. Hervorzuheben ist, dass TechFounders nicht nur Start-ups mit identifiziert, sondern den Prozess der Zusammenarbeit mitsteuert und so zum Erfolg führt. Dies geschieht über gemeinsame Pilotprojekte, in denen sich beide Seiten in der praktischen Zusammenarbeit kennenlernen.
Leopold: Was würdest du dir wünschen, damit sich die Zusammenarbeit mit Familienunternehmen in den nächsten Jahren weiterentwickelt?
Helmut: Ich glaube, dass der Mittelstand einerseits die traditionelle Stärke unserer Wirtschaft ist und wir auf dieser aufbauen können. Gleichzeitig sehen wir auch, dass sich das Wettbewerbsumfeld massiv verschiebt: Neue Wirtschaftsregionen entwickeln sich rasant, beispielsweise China: Dort tragen neue Player dazu bei, dass unsere Produkte zu Commodities werden. Das heißt also, dass wir noch schneller und innovativer werden müssen. Das kann nur als gemeinsame Kraftanstrengung zwischen Mittelstand und Start-ups sowie den universitären Expertennetzwerken funktionieren. Wer die Kräfte bündelt, hat auf den weltweiten Märkten eine gute Chance.
Leopold: Hierzu noch eine Anschlussfrage, gerade wenn es um die Zukunftsfähigkeit des Mittelstands geht. Du bist selbst in Beiräten vieler Unternehmen und auch im Beirat mittelständischer Familienunternehmen. Wie gehst du in diesem Kontext mit dem Thema Nachfolge um, was auch ein essenzieller Bestandteil der Zukunfts- und Überlebensfähigkeit von Familienunternehmen ist?
Helmut: Es ist ein zentraler Punkt, dass die nächste Generation schrittweise an das Unternehmen herangeführt wird und die Verantwortung dafür übernimmt. Das Ganze ist ein Prozess, der über viele Jahre lang begleitet werden sollte. Besonders gut finde ich es, wenn die NextGen auch erst einmal ihre eigenen unternehmerischen Erfahrungen macht, inklusive Fehlschläge. Das ist eine wichtige Basis, um dann auch einen guten Start im eigenen Familienunternehmen zu haben und mehr Verantwortung zu übernehmen.
Leopold: Wie würdest du deine Rolle als Beiratsmitglied in dem Prozess der Nachfolge beschreiben? Und welche Rolle spielst du als Beirat konkret, wenn es um Zukunftsthemen in einem solchen Mittelstandsunternehmen geht?
Helmut: Meine Rolle ist es, als ein offener Sparringspartner zu dienen, Fragen zu stellen, Perspektiven einzubringen, neue Entwicklungen aufzuzeigen und gleichzeitig mit den Familienmitgliedern zu reflektieren, wo Chancen und Risiken liegen könnten und wie clever nächste Schritte aussehen könnten.
Leopold: Noch eine abschließende Frage: Wie schätzt du die Entwicklung von UnternehmerTUM in den nächsten zehn Jahren ein und von welchen Stellen holst du dir selbst Rat, wenn es um solche Entwicklungen geht?
Helmut: Ich persönlich glaube, dass wir erst am Anfang unserer Reise als UnternehmerTUM sind. Wir sind nun seit 20 Jahren unterwegs und wachsen durchschnittlich 20 bis 25 Prozent pro Jahr. Erst jetzt wird sichtbar, welche Kraft und welches Momentum unser Ökosystem entwickelt hat. Ich erlebe täglich, wie Hunderte motivierter Menschen neue Ideen und Innovationen umsetzen und auf die Märkte bringen wollen. Mit jedem energiegeladenen Menschen wird unserer Ökosystem schneller, umsetzungstärker und besser. Deswegen bin ich sehr optimistisch, dass wir dieses exponentielle Wachstum weiter gehen können. Wenn wir diese Entwicklungsgeschwindigkeit fortsetzen, dann werden wir in den nächsten zehn Jahren noch zehnmal mehr wirtschaftlichen Impact zu haben. Und die Basis ist bereits groß mit jährlich über einer Milliarde US$, die in unsere jungen Firmen fließen.
Wie ich mir Rat hole? Ich habe das Glück, mich in einem sehr inspirierenden Umfeld zu bewegen, besonders wenn ich an mein eigenes Team denke. Dort bekomme ich unglaublich viele gute Anregungen. Ich habe einen großartigen UnternehmerTUM-Aufsichtsrat mit Frau Klatten, Frau Achleitner, den TUM-Präsidenten Thomas Hofmann sowie Peter Schwarzenbauer und Konstantin Reetz. Alle sehen mir und meinen Geschäftsführungsteam sehr offen, vertrauensvoll, wertschätzend und hilfsbereit zur Seite. Gleichzeitig stellen sie auch viele gute, kritische Fragen, die uns helfen, noch bessere Entscheidungen zu treffen. Und dann habe ich einen großen Kreis an Freunden und Sparringspartnern, mit denen ich mich persönlich laufend austauschen und so in einer nicht versiegenden Quelle an Ideen, Erfahrungen und Know-how schwimmen kann. Es ist eine große Freude, in diesem Umfeld gemeinsam das unternehmerische Ecosystem weiter auszubauen.
Leopold: Das war ein perfektes Schlusswort. Vielen Dank, Helmut!