Der Mittelstand und seine Familienunternehmen sind seit Generationen das wirtschaftliche sowie gesellschaftliche Rückgrat unserer sozialen Marktwirtschaft. Darüber hinaus tragen sie mit ihrer besonderen Innovationskraft auch maßgeblich zum Erhalt von Wohlstand und Sicherheit am Innovations- und Wirtschaftsstandort Deutschland bei.
In diesem Artikel gehen wir auf folgende wichtige Themenschwerpunkte ein, um ein noch besseres Verständnis dieser besonderen Organisationsform zu schaffen:
Die Relevanz von Familienunternehmen für den Standort Deutschland
Die besonderen Eigenschaften und Ressourcen von Familienunternehmen
Die Chancen und Herausforderungen von Familienunternehmen im digitalen Zeitalter
Familienunternehmen sind der Innovations- und Wachstumsmotor Deutschlands
Um einen ersten Überblick über die Familienunternehmenslandschaft in Deutschland zu bekommen haben wir nachfolgend die wichtigsten Daten, Zahlen und Fakten zusammengefasst:
90% aller Unternehmen in Deutschland sind Familienunternehmen
43% aller Unternehmen mit mehr als 50 Mio. Euro Umsatz sind Familienunternehmen
58% aller Beschäftigen in Deutschland sind in Familienunternehmen angestellt
5,1 Mio. Menschen waren im Jahr 2016 weltweit bei den 500 größten deutschen Familienunternehmen angestellt
52% des deutschen Bruttoinlandsprodukts wird von Familienunternehmen erwirtschaftet
1,1 Bio. Euro wird von den 500 umsatzstärksten deutschen Familienunternehmen erwirtschaftet
Die Chancen und Herausforderungen von Familienunternehmen im digitalen Zeitalter
Die einzigartige Innovationskraft von Familienunternehmen geht auf ihre spezifischen Eigenschaften und Ressourcen zurück, welche sie insbesondere seit der ersten Welle der Industrialisierung vor über 250 Jahren zur dominanten Organisationsform des Industriezeitalters gemacht hat.
Die besonderen Erfolgsfaktoren von Familienunternehmen sind seit jeher ihre…
Mitarbeiter: Langfristige gesicherte Wissensbasis
Netzwerke: Stabile Wertschöpfungsketten
Hohen Eigenkapitalausstattungen: Langfristiges organisches Wachstum und Unabhängigkeit
Identifikation: Langfristige Orientierung
Flache Hierarchien und kurze Entscheidungswege
Durch die unermüdliche kontinuierliche Weiterentwicklung ihrer etablierten Prozesse, Technologien und Produkte bzw. Dienstleistungen ist der deutsche Mittelstand mit seinen Familienunternehmen zu einem weltweit bewunderten Perfektionisten und Exportmeister geworden. Völlig zurecht stehen die Familienunternehmen des „German Mittelstands“ mit ihrem Perfektionismus und dem einzigartig hohen Qualitätsversprechen - „Made in Germany“ - für weltweite Technologie-, Innovations- und Marktführerschaft in zahlreichen Nischen, Branchen und Industrien.
Die besonderen Eigenschaften von Familienunternehmen waren insbesondere im industriellen Zeitalter gegenüber anderen Organisationsformen noch klare Wettbewerbsvorteile, wobei es vor allem um die besondere Fähigkeit der „Kontrolle von Knappheit“, zum Beispiel in Form natürlich begrenzter Ressourcen, ging. Durch den Wandel von traditioneller Industrie hin zur digitalen Wissensgesellschaft hat sich auch die Innovationsdynamik radikal verändert. Das neue (Innovations-) Paradigma erfordert zusätzliche organisationale Fähigkeiten, um den „Überfluss kontrollieren zu können“ – zum Beispiel in Form von Daten, Informationen und letzten Endes von Wissen.
Aus diesem Grund müssen Familienunternehmen ihre besonderen Eigenschaften und vermeintlichen Innovations- und Wettbewerbsvorteile hinterfragen, um sicherzustellen, dass diese auch weiterhin solche darstellen.
Mitarbeiter für die langfristige Sicherung des Wissensvorsprungs
Familienunternehmen stehen für Stabilität und Sicherheit und zeichnen sich durch eine besonders niedrige Fluktuation und lange Betriebszugehörigkeit aus. Dadurch verfügen sie neben einer langjährig soliden Belegschaft auch über eine langfristig gesicherte Wissensbasis. Dieses besondere und vor allem tiefe unternehmens- und industriespezifische Wissen war in der Vergangenheit ein wesentlicher Wettbewerbsvorteil und hat zu einer Abschottung dieses besonderen „Know-Hows“ bzw. zu geschlossenen Innovationsstrukturen geführt. Doch in einem zunehmend schnelllebigen Umfeld, in dem Wissen exponentiell wächst, reicht es nicht mehr aus, sich nur auf der eigenen Wissensbasis auszuruhen. Innovationen im Rahmen der digitalen Transformation setzen immer stärker neues (z.B. digitales) Wissen voraus über welches traditionelle Familienunternehmen oftmals nicht verfügen. Da dieses nur selten kurzfristig intern aufgebaut werden kann, müssen Familienunternehmen sicherstellen, dieses neue Wissen kontinuierlich von außen in das Unternehmen gelangt.
Netzwerke für stabile Wertschöpfungsketten
Familienunternehmen sind außerdem zuverlässige Partner und verfügen über langfristig gewachsene sowie stabile Liefer- bzw. Wertschöpfungsketten. Diese waren in der Vergangenheit in der Regel von Vorteil und haben sich vor allem in Krisenzeiten als vorteilhaft erwiesen. Doch die globalen Krisen der letzten Jahre und Jahrzehnte (z.B. Finanzkrise, Corona-Pandemie) haben besonders deutlich werden lassen, dass diese vermeintlich vorteilhaften, langfristigen und stabilen Wertschöpfungsketten teilweise auch sehr schnell zum Verhängnis werden können – z.B. durch die Abhängigkeit von ausgelagerten Produktionsstätten. Zudem haben neue Technologien, disruptive Start-ups und digitale Geschäftsmodelle das Potenzial, nicht nur Abschnitte, sondern ganze Wertschöpfungsketten entweder in ihrer Komplexität zu reduzieren oder diese gar komplett obsolet zu machen. Daher sind Familienunternehmen dringend angehalten ihre etablierten Strukturen sowie Geschäftsmodelle zu hinterfragen, um sich zeitgemäß aufzustellen und vor allem gegenüber externen Kooperations- und Innovationspartnern zu öffnen.
Hohe Eigenkapitalausstattung für organisches Wachstum und Unabhängigkeit
Familienunternehmen zeichnen sich zudem durch besonders hohe Eigenkapitalquoten aus, welche auf die Vereinheitlichung von Eigentum, Management und Kontrolle in der Hand einer Unternehmerfamilie zurückzuführen sind. Dadurch waren Familienunternehmen in der Lage langfristige Entscheidungen zu treffen und dadurch organisch zu wachsen. Doch die anhaltende Globalisierung und Digitalisierung führen das extreme Ausmaß unserer weltweit vernetzten Wirtschaft und das enorme Potenzial digitaler (v.a. wissensbasierter) Produkte, Dienstleistungen und Technologien vor Augen. Das Erreichen dominanter Marktpositionen in Verbindung mit immer schnelleren und radikaleren Entwicklungen verhindern zunehmend ein langfristiges und rein organisches Wachstum. Familienunternehmen müssen sich unbedingt die Frage stellen, ob man es sich in Zukunft noch leisten kann als Einzelkämpfer und rein organisch zu wachsen oder ob man nicht auch alternative Innovations- und/oder Finanzierungsformen in Betracht zieht, um mit der neuen Innovationsdynamik Schritt halten zu können.
Identifikation der Inhaberfamilie mit ihrem Unternehmen
Die besondere Verbindung zwischen der Unternehmerfamilie und dem Familienunternehmen war bis dato ein weiterer zentraler Innovations- und Wettbewerbsvorteil von Familienunternehmen. Vor allem in Krisen konnten die Mitarbeiter auf die Stabilität und Sicherheit ihrer Arbeitgeber vertrauen. In Krisenzeiten müssen kaum Mitarbeiter entlassen werden und so können Familienunternehmen in der darauffolgenden Phase des Aufschwungs wieder schneller Fahrt aufnehmen und wachsen. Allerdings kann eine hohe Identifikation mit dem Unternehmen auch dazu führen, dass zu lange an althergebrachten Vorstellungen und Traditionen festgehalten wird, obwohl diese wirtschaftlich schon obsolet oder gar zur Bedrohung geworden sind. Es bleibt fraglich, ob und inwieweit die besondere langfristige Orientierung von Familienunternehmen angesichts exponentieller digitaler Wachstumstrends (noch) von Vorteil sein kann, oder ob man in bestimmten (Innovations-) Bereichen nicht schneller und flexibler handeln können müsste.
Flache Hierarchien und kurze Entscheidungswege
Durch die Einheit aus Eigentum, Management und Kontrolle sind Familienunternehmen auch durch besonders flache Hierarchien und schnelle, zentralisierte Entscheidungswege charakterisiert. Es stellt sich jedoch die essenzielle Frage, ob letztere auch noch von Vorteil sind, wenn etablierte Unternehmen sich einer zunehmend komplexen Umwelt gegenübersehen, die zudem immer stärker von Expertise beherrscht wird. Entscheidungen sollten in einem solchen Umfeld von den jeweiligen Experten in den dazugehörigen Fachbereichen getroffen werden und nicht von einer zentralen Stabstelle, die unmöglich über alle dafür relevanten Informationen und Erfahrungen verfügen kann. Dennoch haben Familienunternehmen in diesem Zusammenhang einen sehr großen Vorteil, weil ihre typischen flachen Hierarchien sowie ihre (ressourcenbedingt) „cross-funktionalen“ und flexiblen Arbeitsweisen in der digitalen Transformation entscheidend für deren Erfolg sein können.
Der Innovationsdruck auf Familienunternehmen steigt exponentiell
Allerdings zeichnet sich seit einigen Jahren und spätestens seit dem unaufhaltsamen Vormarsch amerikanischer Tech-Giganten, wie Amazon, Google oder Netflix, ein radikaler Paradigmenwandel ab. Der Ursprung dieses digitalen Wandels liegt vor allem in der sozioökonomischen Entwicklung von der traditionellen Industrie- zur digitalen Wissensgesellschaft und dem neuen Paradigma des digitalen Zeitalters. Die neue Innovationsdynamik und die damit einhergehenden Veränderungen werden durch anhaltende Megatrends, allen voran der Globalisierung und Digitalisierung, aber auch durch exogene Schocks, wie der aktuell wütenden Corona-Pandemie, noch weiter radikal beschleunigt.
Das bestätigt auch Robert Lacher, Founding Partner - Visionaries Club:
Worin liegt also das Problem?
„Wir haben nach 50 Jahren erfolgreichen Aufschwungs und Globalisierung unserer Technologien nicht verstanden, welche Einstellung es braucht, sich noch einmal neu zu erfinden. Die Zeiten, in denen Unternehmen über Jahrzehnte mit inkrementellen Innovationen wachsen konnten, sind vorbei. Digitale Trends sind heute viel schneller, ab der ersten Sekunde global und lassen sich nicht wie Kurbelwellen in der internen F&E- Abteilungen abgeschottet auf der Schwäbischen Alb entwickeln. Sie entstehen in rasantem Tempo in den jungen und intelligentesten Köpfen weltweit.
Und genau das ist unsere Chance! Wir besitzen nämlich eine ganz andere Stärke, die kein Land in dieser Überlegenheit hat: unsere Weltmarktführer und Mittelständler im Industriebereich. Sie beherrschen mit ihren Schlüsseltechnologien (noch) tief verzweigte Wertschöpfungsketten und es gibt kaum Produkte weltweit, in denen nicht deutsche Technologie verbaut ist. Ob Dosierpumpen, Spezialmaschinen, Kurbelwellen oder Rollen für Krankenhausbetten – dies kann weder ein Google noch ein Amazon reproduzieren.“ – Robert Lacher, Visionaries Club
Familienunternehmen befinden sich in einem Spannungsfeld zwischen Tradition und Innovation
Auf der einen Seite ist der überwiegend familiengeführte Mittelstand hochinnovativ. Andererseits assoziiert man mit Innovation größtenteils die evolutionäre Weiterentwicklung etablierter Produkte und die damit verbundenen (Produktions-) Abläufe und -Prozesse. Der Innovationsfokus liegt also nach wie vor sehr stark auf inkrementeller Prozess- und/oder Produktinnovation und noch zu wenig auf (radikaler oder disruptiver) Geschäftsmodellinnovation. Letztere wird vor dem Hintergrund des immer weiter steigenden Wettbewerbs- und Innovationsdrucks jedoch immer noch wichtiger.
Familienunternehmen sind aus deren Historie und Tradition heraus absolute Perfektionisten und Experten in der kontinuierlichen Weiterentwicklung und Verbesserung ihres Kerngeschäfts. In der Vergangenheit hat Innovation daher primär dazu gedient immer noch besser, schneller und letzten Endes immer noch effizienter zu werden. In der (Familienunternehmens- und Innovations-) Forschung bezeichnet man diese Fähigkeit, d.h. das etablierte Kerngeschäft (Prozesse, Produkte und Dienstleistungen) kontinuierlich zu verbessern, als „Exploitation“. Diese kontinuierliche bzw. inkrementelle Innovationsfähigkeit greift allerdings im Kontext der immer stärker digitalisierten Wissensgesellschaft deutlich zu kurz. Stichwort – „VUCA“: Dieser Begriff ist ein Akronym und steht für „Volatility“, „Uncertainty“, „Complexity“, „Ambiguity“ und bezieht sich auf die zunehmende Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit der modernen Unternehmensumwelt. Dadurch herrscht eine völlig neue (zunehmend digitale) Innovationsdynamik, unter der es nicht mehr ausreicht, ausschließlich die etablierten Prozesse und Produkte zu verbessern. Es ist zwingend erforderlich, auch neue Wachstumsmöglichkeiten in Form neuer und/oder digitaler Geschäftsmodelle zu erschließen. Dabei dreht sich Innovation vor allem um die zentrale Logik der eigenen Wertschöpfung und das somit das etablierte Geschäftsmodell, welches dringend hinterfragt und gegebenenfalls weiterentwickelt werden sollte. In der (Familienunternehmens- und Innovations-) Forschung bezeichnet man diese Fähigkeit, neue Geschäftsmodelle und Wachstumsmöglichkeiten zu erschließen, als „Exploration“.
Die Kombination aus Exploitation und Exploration fasst man unter dem Begriff der „Organisationalen Ambidextrie“ (= Organisationale Beidhändigkeit) zusammen. Wie alle etablierten Unternehmen sind insbesondere Familienunternehmen dringend dazu angehalten diese besondere Fähigkeit(en) zu entwickeln und auszubauen. Familienunternehmen befinden sich nämlich in einem besonderen Spannungsfeld zwischen Tradition und Innovation. Unter Tradition verstehen wir allerdings keine Innovationsbarriere, sondern vielmehr die besondere Fähigkeit von Familienunternehmen ihr Kerngeschäft kontinuierlich weiterzuentwickeln (= Exploitation). Unter Innovation verstehen wir die essenzielle Fähigkeit als etabliertes (Familien-) Unternehmen auch neue Geschäftspotenziale bzw. Geschäftsmodelle entdecken und entwickeln zu können.
Doch oftmals fehlen den meisten Familienunternehmen noch die notwendigen (Innovations-) Strukturen sowie die passende (Innovations-) Organisation und -Kultur.
So können wir Ihnen dabei helfen
Wir helfen Ihnen dabei Ihr Familienunternehmen schon heute fit für die nächste Generation zu machen. Als interdisziplinäres Expertenteam arbeiten und bewegen wir uns tagtäglich im größten Innovations-Ökosystem Europas. Wir entwickeln als Co-Innovatoren mit Ihnen gemeinsam die Geschäftsmodelle von Morgen. Als strategischer Innovationspartner zahlreicher etablierter Unternehmen verfügen wir über 15 Jahre Erfahrung und bringen dadurch wichtige Impulse von außen in Ihr Familienunternehmen. Durch unsere vielfach angewendeten innovativen Methoden vereinen wir Kompetenzen aus der digitalen Gründerszene mit unserer technologischen Expertise sowie den neuesten Forschungserkenntnissen der führenden Technischen Universität (TUM) Deutschlands. Dabei spiegeln und priorisieren wir Ihre Innovationsaktivitäten mit Ihren strategischen Zielen. Als Wegweiser begleiten wir Sie durch unser Innovations- und Gründungszentrum und decken die vielfältigen Kooperationspotenziale auf.
Wir helfen Ihnen dabei:
Eine umsetzungsorientierte Innovationsstrategie zu entwickeln
Eine Innovationseinheit für den Aufbau neuer Geschäftsmodelle
Ihre Mitarbeiter zu echten Innovationsexperten und Unternehmern zu befähigen
Neue Ideen und Technologien für Ihr Geschäftsmodell zu nutzen
Unser Innovations-Ökosystem als Baukasten für Ihren Erfolg zu nutzen
Unsere Kooperationspartner:
Nehmen Sie Kontakt mit unseren Familienunternehmen Experten auf:
Christian Mohr
Links und Referenzen:
Stiftung Familienunternehmen - Daten, Fakten, Zahlen zur volkswirtschaftlichen Bedeutung von Familienunternehmen: https://www.familienunternehmen.de/de/daten-fakten-zahlen
Handelsblatt - Unser Google ist der Mittelstand:
https://www.handelsblatt.com/meinung/gastbeitraege/gastkommentar-unser-google-ist-der-mittelstand-/25533224.html
Wittener Institut für Familienunternehmen – Familienunternehmen in der Digitalen Transformation:
https://www.wifu.de/bibliothek/familienunternehmen-in-der-digita